Es ist Grau . Regentropfen prasseln an die Rolläden meines Fensters. Der eigentliche Meerblick meines Zimmers versteckt sich hinter einer dichten Nebeldecke, die sich wacker über dem Boden hält und nur selten ein paar Halme der Dünen hervorscheinen lässt. Es ist 8 Uhr am Morgen und die Insel Norderney zeigt sich von ihrer düstersten Seite. Moin, du graue Geheimnisvolle.
Schietwetter sagt man hier. Und dafür, wie man ja bekanntlich weiß, gibt es die richtige Kleidung. Ich packe mich wetterfest ein und schnappe mir mein Fahrrad, das schon sehnsüchtig vor dem Inselloft Norderney auf mich wartet. Fahrradtouren mitten im Regen? Es gibt sicher schönere Dinge, die man bei Schietwetter auf der Insel Norderney machen kann. Ich lasse mir meinen Plan nicht vermiesen und freue mich über die steife Brise, die frische Luft und die morgendliche Ruhe, die dank des Regens nun noch intensiver zu spüren ist. Die Straßen sind leer. Die Wellen am Meer toben aufgeregt herum. Und die Wolken am Himmel erstrahlen in den unterschiedlichsten Grautönen.
Als Ostseekind kann ich auch den rauen Tagen am Meer einiges abgewinnen. Ich liebe es, wenn der Wind durch sämtliche Klamottenschichten zieht, wenn die Haare, trotz Zopf, absolut durcheinander sind und wenn sich die Wangen nicht wegen der Sonne, sondern wegen des kalten Windes zartrosé färben. Es fühlt sich gesund an. So richtig gut.
Den Morgen auf der Insel Norderney beginne ich trotzdem im wohlig-warmen Restaurant „Surfcafé“. Das Brennholz knistert im Kamin, während ich es mir mit einem heißen Kaffee auf dem Fell gemütlich mache. Von hier aus beobachte ich das stürmische Treiben draußen. Ob es heute wohl noch schön wird? Eigentlich verändert sich das Wetter auf Inseln stets und ständig. Es ist ein bisschen wie ein Zustand des dauerhaften Aprils. Wenn es am Morgen regnet, kann es beim Mittagessen sonnig sein und am Abend eklig stürmisch. Es ist 11 Uhr und ich finde, die Sonne könnte jetzt mal rauskommen.
Gestärkt ziehe ich weiter. Mein Ziel: noch mehr Wärme im Badehaus. Ich fahre entlang der Küste von Norderney – das Meer stets im Blick. Ich finde, das hat etwas Beruhigendes. Stundenlang könnte ich hinausschauen, die Wellen beobachten, versuchen, etwas in ihnen zu lesen und die salzige Luft in mein Gesicht wehen lassen. Meist vergesse ich dann alles um mich herum und werde einzig von dem Gekreische der Möwen aus meinem Traum von einem Haus am Meer geholt.
Das Badehaus Norderney ist ein Haus mit Geschichte. Schon ganz früher wurde hier gebadet, denn schon lange ist bekannt, dass nicht nur das Wasser im hohen Norden gut für die Haut ist, sondern auch der Schlick, der hier direkt abgebaut werden kann. Das Badehaus Norderney bietet heute alles, was sich Groß und Klein wünschen. Von einem großen Saunabereich aus, über etliche Whirlpools und Schwimmbecken bis hin zu Rutschen und einem großen Kinderbereich – hier lässt sich ein Tag im Schietwetter ziemlich gut verbringen.
Frisch geboren und tiefenentspannt verlasse ich das Badehaus Norderney nach viel zu kurzer Zeit. Es geht weiter. Die Insel Norderney ist größer, als gedacht. Mit einer Fläche von 26 Quadratkilometern ist sie die zweitgrößte der ostfriesischen Inseln und ein echtes Paradies für alle, die gern Fahrradfahren. Mein nächstes Ziel liegt am anderen Ende der Insel. Der Regen hat sich mittlerweile verzogen, der Wind drückt von hinten und sogar die Sonne lässt sich, wenn auch zaghaft, endlich blicken. Oh, hallo, du schönes Norderney.
Ich folge den flachen Straßen, fahre durch Dünen, entlang des Wassers und mitten hinein in ein Flachland, das mich fast schon ein bisschen an die neuseeländische Südinsel erinnert: Saftig grün ist es hier, gepaart mit endloser Weite und Leere und kleinen Hügeln.
Die „Weiße Düne“ erscheint plötzlich und aus dem Nichts. Von Außen wirkt sie, wie eine kleine Bretterbude, ein Schuppen oder der perfekte Ort, um Surfbretter aufzubewahren. Von Innen jedoch ist sie plötzlich riesig und prall gefüllt mit gut gelaunten Einheimischen und Touristen, die hier ihre verdient erradelte Mittagspause verbringen. Ich bin für die Currywurst hier, denn die soll in dem Szenetreff von Norderney ganz besonders gut sein – und ja, das ist sie. Das kann ich sogar als Berlinerin sagen. Das ist aber nicht das einzige, was hier toll ist: die „Weiße Düne“ liegt nicht nur mitten im Nirgendwo von der Insel Norderney, sondern auch direkt am Strand. Ein paar Schritte sind es nur, bis man mitten im hellen Sand des Nordstrands ist. Schön ist es hier. Der Strand ist unheimlich breit, die Nordsee ungewohnt nah und die Atmosphäre familiär-entspannt. Ich könnte stundenlang hier sitzen, mich in einen Strandkorb packen und den Gezeiten beim Kommen und Gehen zuschauen.
Doch das schaffe ich nicht, zumindest nicht heute. Ich muss zurück zum Hafen. Das Festland ruft und mit ihm eine alte Dame, die mich über die seichte Nordsee schippern will.
Kurz vor Sonnenuntergang ist immer viel los am Fährhafen von Norderney. Kein Wunder, denn das ist mit Abstand die schönste Zeit, um über das Meer zu gleiten. Ich suche mir einen Platz an Deck der Fähre. Wir legen ab, der Anker ist herausgezogen und das kalte Jever in meiner Hand geöffnet. Das Meer unter uns rauscht. Dabei wird die Insel Norderney immer kleiner. Schön war es hier, wenn auch kurz. So langsam wird der heute morgen noch ach so graue Himmel in warme Orangetöne getaucht. Die Nordsee glitzert unter der Abendsonne. Wir passieren Sandbänke, auf denen auch die Robben den Tag gemütlich ausklingen lassen, beobachten, wie, dank der Ebbe, das Meer immer weniger wird und wie das ostfriesische Festland mit als seinen nicht vorhandenen Erhöhungen wieder näherkommt.
Der Tag auf Norderney verging schneller als gedacht. Von Schietwetter ging es zum Traum-Sonnenuntergang, von Kaminfeuer am Morgen zur Currywurst am Abend, von Entspannung im Schlamm zu einem ordentlichen Work-out auf dem Fahrrad. Mach’s gut Norderney, du kleines Inseljuwel mit all deinen Facetten.
Danke an Ostfriesland Tourismus und Norderney Tourismus für die Einladung in den hohen Norden!
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