Mein liebes Bali,
ich kann immer noch den Sand zwischen meinen Zehen spüren. Die Haut auf meiner Nase pellt sich ganz leicht, wenn ich drauf drücke, dann tut es sogar ein bisschen weh, und tief in meinen Haaren steckt immer noch das Salz, das durch deine Luft weht und das dein Wasser versüßt. Ach, Bali. Du machst es mir nicht leicht. Vor genau 24 Stunden bin ich ein letztes Mal mit einem Taxi durch den dichten Verkehr deiner Straßen gefahren. Ein letztes Mal habe ich mir das bunte Treiben rechts und links der Autos und Mopeds angeschaut. Da wurde Reis gekocht, es wurde Tofu frittiert, Hunde versteckten sich unter Plastikstühlen vor der brütenden Hitze, die sich mittags durch die wenigen Wolken drückt. In der Ferne höre ich das beruhigende Klimpern der Gamelan-Musik. Du sprichst wahrscheinlich wieder einmal ein Häuschen oder gar einen Raum heilig, oder? Egal was du da tust und ob du es selbst verstehst oder nicht, für mich ist es dein Klang, deine Musik, Bali. Es ist das, was mich beruhigt, was mir das Gefühl gibt angekommen zu sein.
Ach, angekommen bin ich übrigens vor 10 Minuten auch wieder. Nämlich in Deutschland. 24 Stunden ist es her, dass ich dich das letzte Mal gerochen habe, das letzte Mal durch deine Reishalme gestreift bin. Das letzte Mal, dass ich dir eine riesengroße Umarmung gegeben habe. Das hast du wahrscheinlich gar nicht gemerkt, aber das ist schon ok. Ich mache das häufiger mal, ohne, dass du das merkst. Es gibt mir einen kleinen Kick, ein kleines Kribbeln im Bauch. Und wenn ich das so tue, dann denke ich daran, wie toll ich dich doch finde. Man, das glaubst du gar nicht. Doch bevor ich jetzt in unsäglich lange Komplimente verfalle und dir wohlmöglich auch noch Höhenflüge verpasse, wollte ich dir noch erzählen, wo ich jetzt eigentlich bin.
Vier Wochen habe ich dich wieder besucht und jetzt sitze ich im grauen Deutschland und frage mich, was ich hier eigentlich mache und das schon nach 10 Minuten an einem Ort, den ich eigentlich Heimat nennen sollte. Ach sollte, das kennst du eh nicht das Wort, oder? Weißt du, wenn ich bei dir bin, dann habe ich immer so viel zu tun. Du bietest mir so viel. Bei dir, da springe ich am Morgen voller Vorfreude auf den Tag aus dem Bett, schnapp mir mein Board und springe in die Wellen. Einen besseren Start in den Tag gibt es doch gar nicht. Aber es ist auch der Sonnenuntergang am Abend oder einfach nur das entspannte Rumsitzen am Strand, bei Freunden oder auch ganz alleine, vor einem Reisfeld, in einem Café oder im Homestay, das jeden einzelnen Besuch bei dir zu etwas ganz Besonderem macht . Dabei schweben die süßen Gerüche der Räucherstäbchen in meine Nase. Ich beobachte wie deine Leute in völliger Hingabe ihre Opfergaben auf den Boden stellen, auf meinen Roller oder an großen Wegkreuzungen. Dabei haben sie immer ein Lachen auf dem Gesicht. Überhaupt bist du einfach immer gut drauf, oder? Ich habe dich noch nie schlecht gelaunt erlebt. Es ist immer alles ok für dich, Krisen oder Probleme gibt es nicht. Dabei hast du lange nicht so viel, wie wir verwöhnten Deutschen und doch sind die Menschen, die ich hier jetzt jeden Tag sehe irgendwie schlechter drauf, als du. Das ist doch doof. Ich möchte auch jeden Tag mit einem Lachen durch die Gegend laufen. Ich möchte Menschen zulächeln, ohne blöd angeschaut zu werden. Ich möchte einfach gut drauf sein, ohne gefragt zu werden, ob irgendwas los ist. Nein, es ist nichts los, ich bin einfach nur gut gelaunt. So wie du, mein Bali.
Aber wenn ich das hier, in den Straßen von Berlin mache, dann schauen mich die Leute komisch an. Während, wenn ich bei dir, in deinen Straßen mit einem grimmigen Gesicht, langlaufe, dann fragen mich deine Leute sofort, ob alles ok ist. Dann setze ich mich auf einen Plastikstuhl, ziehe meine Flip Flops aus und lausche den indonesischen Songs, die die Jungs neben mir auf ihrer Schrammelgitarre spielen. Und dann, weißt du, Bali, dann geht es mir einfach gut. Mehr brauche ich nicht. Ich brauche deinen Geruch, ich brauche dein Lachen, deine Menschen, dein Meer und deine Sonne. Immer wenn ich hier, in Berlin, gefragt werde, was ich an dir so toll finde, dann finde ich keine Worte dafür. Dann ist es so, als hätte ich mich Hals über Kopf in jemanden verliebt. Als würde ich eine rosarote Brille auf der Nase haben. Als würde ich über Wolken hüpfen und keinen einzigen Gedanken an irgendetwas verschwenden, das mir die Laune versaut. Die rosa Brille trage ich nun schon seit über vier Jahren. Es ist ok, wenn du das noch nicht gemerkt hast, keine Sorge. Manchmal, da ist es ja auch in Ordnung, wenn man insgeheim Gefühle hat, die kein anderer bemerkt. Und, glaub mir, Bali, ich bin bestimmt nicht deine einzige heimliche Verehrerin. Garantiert nicht. Eins, aber, eins ist sicher. Bali, ich glaube ich habe mich in dich verliebt – und es hat viel zu lange gedauert, bis ich dir das endlich einmal persönlich gesagt habe.
Aber nun ist es raus. Ich hoffe, ich habe dich damit nicht überrumpelt. Aber du hast wahrscheinlich sowieso schon gemerkt, dass mit mir etwas nicht stimmt. Es kann ja nicht sein, dass ich nach vier Stunden Schlaf mit einem riesengroßen Lachen im Gesicht aufwache, aktiv bin und am liebsten laut herausschreien würde, wie glücklich ich bin. Die Leute hier, weißt du, die reden immer von diesem einen Ort, den man irgendwann in seinem Leben findet und, der dann der Ort für das Leben wird. Ich glaube ich habe ihn gefunden. Bisher wusste ich das schon, aber ich konnte es mir nicht eingestehen. Ich wusste, dass es mir bei dir so gut, wie nirgendwo geht. Dass ich bei dir so entspannt, wie nirgendwo bin, wie nirgendwo. Und dass ich einfach alles an dir mag. Na gut, den Stau, den könntest du in den Griff bekommen. Die vielen Hotels müssen auch nicht sein. Aber weißt du, man soll ja seine große Liebe eigentlich nicht ändern, sondern einfach so hinnehmen, wie sie ist. Das tue ich und, glaub mir, du bist immer noch verdammt toll. Ich möchte dich auch gar nicht ändern. Wirklich. Aber, weißt du, du du hast schon einen ganz großen Einfluss auf mich. Du bringst mich dazu mit dem ersten Schritt auf balinesischem Boden sämtliche Sorgen zu vergessen. Du bringst mich dazu ein verliebtes, 12-jähriges Strandmädchen zu werden, das lacht, wenn sie langsam im Sand einsackt, oder wenn die Wellen wieder viel zu hoch sind und bei einem einfachen Spaziergang die ganze Kleidung nass machen. Ja, das machst du mit mir, Bali.
Weißt du, wärst du ein Mann, dann würde ich dir schon längst sagen, dass das jetzt schon so lange mit uns geht und dass wir endlich einmal einen Schritt weitergehen müssen. Dann würde ich dir sagen, dass wir uns eine gemeinsame Wohnung suchen sollten oder uns einmal über unsere Zukunft unterhalten sollten. Aber, weißt du Bali, ich glaube, das brauchen wir gar nicht. Ich kann mich auf dich verlassen, ich weiß, dass du da bist, wo ich dich finde und ich weiß: So schnell wirst du mich garantiert nicht im Stich lassen. Ich vertraue dir, Bali. Du tust mir nicht weh.
Und bis dahin musst du damit klarkommen, dass alle paar Monat ein kleines verknalltes Mädchen den Strand entlanghüpft und sich über jedes kleine bisschen Bali freut. Glaub mir.
Sampai jumpa, sayang.
4 Kommentare
Super schöner Brief, eine echte Liebeserklärung.
Ich bin ab April das erste Mal in Bali und erwarte sooo viel von dieser Insel. Werde in Canggu mein Yoga Teacher Training machen.
Ich bin gespannt, ob ich mich auch so verlieben werde.
Alles Liebe
Jules
http://www.mabelicious.com
Hi Jules! Cool! Ich bin im April auch wieder da, vielleicht sieht man sich ja 🙂 Viele Grüße, Anne
Ja,ja,ja so ging es mir auch als ich 2008 das erste mal Bali Urlaub machte. Nur die Musik am Flughafen bei der Ankunft verdreht mir den Kopf und ich sagte mir damals schon, ja hier bleibe ich und nun habe ich viele Freunde, die meine Familie sind und ich einmal im Jahr besuche.
Danke für diesen Beitrag 🙂 LG
Hi Beatrice, das freut mich, dass es dir genau so ging 🙂 Die Musik gibt es jetzt leider nicht mehr, aber die Warmherzigkeit der Menschen ist definitiv geblieben! Sampai jumpa!